Biebrich: Stadtteil mit bewegter Historie
Biebrich ist ein Stadtteil von Wiesbaden mit einer langen Geschichte, es wurde als "vila biburg" erstmals 874 erwähnt. Archäologische Funde belegen, dass die Region bereits seit Tausenden von Jahren besiedelt ist.
Erste Spuren
Man vermutet, dass Auringen trotz seiner späten Erwähnung bis in die Zeit der germanischen Landnahme zurückreicht. Damals besiedelten germanische Völker große Teile Mitteleuropas. Ortsnamen mit Endungen wie -ungen oder -ingen sowie das günstige Klima und die fruchtbaren Böden deuten auf diese frühe Siedlungsperiode hin. Über Jahrhunderte prägten die idealen Bedingungen für die Landwirtschaft das Dorf.
Mittelalter
Im Mittelalter war Biebrich von großer Bedeutung, da die Grafen von Nassau das Fährrecht über den Rhein innehatten. Besonders drei Klöster prägten den sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Alltag der Menschen: Kloster Selz im Elsass, Kloster Eberbach im Rheingau und Kloster Klarenthal bei Wiesbaden. Außerdem hervorzuheben ist die Mosbacher Kirche, deren spätgotischer Turm noch heute das Stadtbild von Biebrich prägt.
Residenzstadt von Nassau
Mit dem Bau des Biebricher Schlosses Anfang des 18. Jahrhunderts wurde der Stadtteil zur Residenz der Fürsten von Nassau und später der Herzöge von Nassau. Diese Epoche endete 1866, als das Herzogtum in das Königreich Preußen eingegliedert wurde.
Industrielle Blüte
Die verkehrsgünstige Lage am Rhein und der Eisenbahnanschluss (1840) förderten Biebrichs Industrialisierung. Wichtige Unternehmen prägten den Standort:
- 1831: Adam Heckel eröffnete eine Fabrik für Holzblasinstrumente
- 1858: Heinrich Albert gründete die späteren Chemischen Werke Albert
- 1863: Wilhelm Kalle baute eine chemische Fabrik
- 1864: Die Portland-Zementfabrik Dyckerhoff & Söhne nahm den Betrieb auf
- 1909: Henkell & Co. zog nach Biebrich
Biebrich entwickelte sich neben Höchst zu einem bedeutenden Industriestandort. Die Einwohnerzahl wuchs von 3.500 (1840) auf 21.200 (1910). 1893 erhielt Biebrich die Stadtrechte. Übrigens: Das Unternehmen Kalle hat die "Wurstpelle" und das "Schwammtuch" in die Welt gebracht.
Die Weltkriege
Die Jahre bis zum Ersten Weltkrieg waren für Biebrich eine Zeit der Blüte. Zahlreiche Unternehmen prosperierten und die Bevölkerung wuchs rasch. Doch nach 1918 fand diese positive Entwicklung ein jähes Ende. Die Stadt geriet in finanzielle Schwierigkeiten und näherte sich dem Rand des Bankrotts. Um diesen Problemen zu entkommen, schloss sich Biebrich dem finanzkräftigeren Wiesbaden an.
Am 1. Oktober 1926 wurde Biebrich offiziell nach Wiesbaden eingemeindet. Die beiden Weltkriege und die schwierigen Nachkriegsjahre prägten den Stadtteil nachhaltig. Besonders im Dritten Reich litt insbesondere die jüdische Gemeinschaft unter Verfolgung, Vertreibung und Ermordung.
Hochkonjunktur und Krise
In den 1950-er bis 70-er Jahren erlebte Biebrich durch das Wirtschaftswunder ein starkes Wachstum: Der Stadtteil dehnte sich aus und viele Zuwandererfamilien kamen, um in den Unternehmen am Rhein zu arbeiten. Neue Stadtteile wie der Gräselberg und das Parkfeld entstanden. In den 1980-er und 90-er Jahren führte die wirtschaftliche Krise zum Abbau von Arbeitsplätzen, und die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen am Rhein sank von 18.000 auf 6.000.
Biebrichs Persönlichkeiten
Biebrich kann stolz auf zahlreiche Persönlichkeiten sein, die hier geboren wurden. Dazu zählen der Kulturwissenschaftler Wilhelm Heinrich von Riehl, der Philosoph Wilhelm Dilthey, der Widerstandskämpfer Generaloberst Ludwig Beck, die jüdische Reichstagsabgeordnete Tony Sender und Wiesbadeners legendärer Oberbürgermeister Achim Exner.
Historisches Highlight
Die Biebricher Allee wurde um 1857 als repräsentative Verbindung zwischen dem Stadtschloss Wiesbaden und dem Biebricher Schloss angelegt und ist bis heute eine wichtige Verkehrsachse.