Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie
Fließgewässer sind die Lebensadern einer Landschaft. Sie sind prägende Elemente von Städten und Gemeinden. Für ihren Schutz ist die Landeshauptstadt Wiesbaden verantwortlich.
Im städtischen Raum erfüllen Fließgewässer heute verschiedene Funktionen. Sie sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen, ein Erlebnisraum für Menschen und sollen Hochwasser ohne Schäden abführen. Doch viele Gewässer sind durch den Menschen stark verändert worden. Um dieser Entwicklung positiv entgegenzuwirken, wurde im Jahr 2000 die Europäische Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet.
Damit wurden für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindliche Ziele für die Verbesserung der Gewässer festgehalten. In Deutschland wurde diese europäische Richtlinie durch das „Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts“ in nationales Recht umgesetzt. Ein bedeutendes Ziel ist die Erreichung eines guten ökologischen Zustandes der Fließgewässer.
Was bedeutet „guter ökologischer Zustand“?
Wie ist der Zustand der Fließgewässer in Wiesbaden?
Ein Teil der Wiesbadener Gewässer wurde in früheren Jahren vielseitig genutzt und dadurch stark verändert.
Nutzung der Gewässer:
- Aufstauen der Gewässer, um Wasserkraft nutzbar zu machen
- Vertiefen und massives Befestigen der Gewässer zur Ableitung von Abwasser
- Starkes Begradigen zum Hochwasserabfluss
- Verlegung und Verrohrung der Gewässer in den Untergrund
Schnurgerade und befestigt in Betonrinnen fließen die Gewässer durch unsere Städte und Gemeinden. Mit einem „guten ökologischen Zustand“ hat dies oftmals nichts zu tun. Heute geht es weniger um die Nutzung der Gewässer als vielmehr um die Zurückversetzung in einen naturnahen Zustand.
Die häufigsten Wanderhindernisse in Wiesbaden sind:
- stark begradigte Bäche
- Abstürze
- Durchlässe mit glatter Sohlstruktur
- Wehren
Sie beeinträchtigen die Durchgängigkeit der Lebewesen enorm und sind gemäß den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie rückzubauen oder durchgängig zu gestalten.
Wie kann ein „guter ökologischer Zustand“ für die Wiesbadener Gewässer erreicht werden?
Ein guter ökologischer Zustand ist dann erreicht, wenn das Gewässer in seiner Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen aufgewertet beziehungsweise wieder hergestellt wird. Entscheidend ist, dass die Lebewesen in dem Gewässer wandern können und unterschiedlich strukturierte Bereiche vorfinden. Dadurch sollen sie Laichplätze oder Bereiche zur Paarung finden.
Dafür müssen folgende Strukturen geschaffen werden:
- Laich- und Erholungszonen
- Schnell fließende und fast stehende Bereiche im Wechsel, was auch als Strömungsdiversität bezeichnet wird
- Steilkanten, flache Uferzonen und Kiesbänke
Wesentliche Einzelmaßnahmen sind:
- Reaktivierung von Auen
- der Anschluss von Nebengewässern
- der Einbau von Störsteinen
- die Wiederherstellung und Anlage von Gewässerrandstreifen
- die Herstellung der Durchgängigkeit für Lebewesen durch zum Beispiel die Umgestaltung von Wanderhindernissen oder Ufer- und Sohlbefestigungen
- Umgestaltung von Teichen: Zu-/Ablauf in den Nebenschluss
Einige Projekte sind bereits erfolgreich umgesetzt. Auf Höhe der Obermühle zeigt der Wickerbach nach seiner Renaturierung eine strukturreiche Sohle, flach auslaufende Ufer und dichten, natürlichen Bewuchs. Nicht nur die Lebewesen im Gewässer sondern auch Arten außerhalb des Gewässers profitieren von einem guten ökologischen Zustand. So beispielsweise Amphibien, Insekten, Vögel und Fledermäuse.
Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Wiesbaden?
Außerhalb der geschlossenen Ortschaften wird eine eigene, natürliche Entwicklung der Gewässer angestrebt. Durch gezielte Maßnahmen wie den Einbau von totem Holz oder Pflanzungen kann sich das Gewässer durch eigene Kraft seinen Weg suchen. Häufig kommt es dabei zu einem Interessenskonflikt, weil die benötigte Fläche für solche Maßnahmen nicht vorhanden ist. Innerhalb des gesetzlich vorgegebenen zehn Meter Gewässerrandstreifens finden sich landwirtschaftliche Nutzung, Kleingartenanlagen oder private Gartengrundstücke. Dadurch kann die natürliche Gewässerentwicklung nur auf einem begrenzten Raum stattfinden.
Für den innerörtlichen Bereich ist die Wiederherstellung von naturnahen Strukturen an vielen Stellen nicht so einfach zu realisieren. Die Lösung stellen sogenannte Trittsteinbiotope dar. Diese sollen weiter auseinanderliegende, größere Lebensräume verbinden, wodurch ein Austausch zwischen voneinander isolierten Gruppen ermöglicht wird. Um den Organismen die Wanderung zwischen diesen Biotopen zu ermöglichen, wird die Gewässersohle durch strukturverbessernde Maßnahmen durchgängig gestaltet. Dabei gilt es grundsätzlich zu beachten, dass sich durch Realisierung der Maßnahmen die Abflusssituation nicht verschlechtern darf.
Wie geht es in Wiesbaden mit der Wasserrahmenrichtlinie weiter?
Für die Umsetzung von Maßnahmen sind die Gewässerunterhaltungspflichtigen zuständig. Diese wird vom Land Hessen umfangreich gefördert. Einige Maßnahmen wurden bereits realisiert, andere sind in der Umsetzung oder der Planung.