Igstadt: Igo und die Grafen von Ziegenhain
Die Anfänge von Igstadt reichen vermutlich bis in die fränkische Landnahme im sechsten und siebten Jahrhundert zurück.
Frühe Geschichte und Ursprung
Ein fränkisches Gräberfeld, das 1946 bei einem Scheunenbau entdeckt wurde, könnte zur genaueren Datierung der frühen Ortsgeschichte beitragen. Es wurde jedoch noch nicht archäologisch untersucht. Der Ortsname leitet sich wahrscheinlich von einem fränkischen Grundherrn namens Igo ab.
Erste Erwähnungen
Igstadt wird erstmals 1241 und 1251 urkundlich erwähnt, als der Igstadter Dorfpfarrer Arnoldus als Zeuge für Rechtsgeschäfte in benachbarten Gemeinden auftrat. Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts finden sich mehr als zwanzig Urkunden, die das Mainzer Altmünster-Kloster als Ortsherrn nennen. Auch das Mainzer Domkapitel und das St. Peter-Stift besaßen im 13. Jahrhundert Grundbesitz in Igstadt.
Einfluss des Altmünster-Klosters
Größter Grundherr war das Altmünster-Kloster, das über 400 Morgen Land in Igstadt verfügte. Im 14. Jahrhundert schenkte ein Ritter aus Igstadt dem Kloster Gnadenthal einen Hof mit 130 Morgen Land. Beide Klöster verpachteten ihre Güter an Igstadter Bauern. Die Pachtverträge sind bis ins 19. Jahrhundert nachweisbar.
Machtwechsel im 15. Jahrhundert
Im 15. Jahrhundert veränderten sich die Machtverhältnisse: Die Grafen von Ziegenhain, die zuvor die Vogtei über Igstadt ausübten, vererbten diese an die Landgrafschaft Hessen. Nach dem Verkauf der „Ländchen“-Orte durch Gottfried IX. von Eppstein an Hessen im Jahr 1492 verdrängten die Landgrafen von Hessen-Marburg und -Kassel das Altmünster-Kloster immer weiter aus seinen hoheitlichen Rechten. Ab 1532 hatte nur noch der hessische Amtmann die Kontrolle über Igstadt.
Zerstörung im 30-jährigen Krieg
Im 30-jährigen Krieg erlitt Igstadt schwere Verluste. Von 73 Haushalten im Jahr 1610 blieben 1643 nur noch 20 Einwohner übrig. Viele Häuser waren zerstört, die Bevölkerung fiel Plünderungen zum Opfer. Auch der Altmünsterhof mit der Zehntscheune brannte nieder. Das Altmünster-Kloster senkte daraufhin die Kornpacht und forderte die Pächter auf, die Gebäude wieder aufzubauen.
Fortschritte im 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert legte die Landesherrschaft von Hessen-Darmstadt neue Register an und erfasste 75 Hofreiten. Trotz der Belastungen durch die Kriege dieses Jahrhunderts wuchs Igstadt langsam wieder. In den Jahren zwischen 1726 und 1728 wurde die alte Kirche durch einen Neubau ersetzt. Das Altmünster-Kloster spendete ein wertvolles Kruzifix zur Einweihung.
19. Jahrhundert: Wandel und Wachstum
Im 19. Jahrhundert brachte eine Reihe von Veränderungen die Dorfgemeinschaft weiter voran. Abgaben wie Fastnachtshühner und Jagdthaler wurden abgeschafft, und das Land erlebte Verbesserungen durch Flurbereinigungen und ein neues Steuersystem. Igstadt wuchs von rund 480 Einwohnern im Jahr 1817 auf etwa 750 am Ende des Jahrhunderts. Ein Bahnhof wurde 1879 erbaut und der Wasserturm entwickelte sich zu einem Wahrzeichen des Dorfes. Der Anschluss an die Stromversorgung kam 1911.
Erster Weltkrieg und die Jahre danach
Im Ersten Weltkrieg fielen 38 Igstadter, deren Namen auf einem Gedenkstein vor der Friedhofspforte verewigt sind. Nach dem Krieg war auch Igstadt von fremden Truppen besetzt – zunächst französischen, dann britischen. 1924 gründete sich die Siedlervereinigung Eigenes Heim Igstadt, die 19 Bauwillige beim Hausbau unterstützte. So entstanden an der heutigen Florian-Geyer-Straße 16 Doppelhaushälften und drei Einzelhäuser. 1927 wurden neue Kirchenglocken geweiht.
1928 wurde Igstadt nach Wiesbaden eingemeindet. Dies brachte unter anderem den Anschluss an die städtische Gasversorgung und eine verbesserte Infrastruktur.
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
1930 bildete sich eine NSDAP-Zelle, die bis 1938 zur Ortsgruppe anwuchs. Mehrere jüdische Familien mussten ihre Häuser verkaufen und den Ort verlassen. Die antisemitischen Maßnahmen des Nationalsozialismus prägten auch die Igstadter Gemeinschaft nachhaltig, doch eine vollständige Aufarbeitung dieser Zeit steht noch aus.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Igstadt von einem Bombenangriff 1945 getroffen, bei dem ein Wohnhaus und mehrere Scheunen zerstört wurden. 88 Igstadter kamen ums Leben.
Wiederaufbau und Wachstum
Nach dem Krieg wuchs die Bevölkerung durch den Zuzug von Heimatvertriebenen von 1.092 auf 1.477 im Jahr 1950. In folgenden Jahren wurden Infrastrukturprojekte realisiert: der Abriss des alten Rathauses 1957, die Erweiterung der Schule 1954 sowie die Erschließung neuer Baugebiete, zunächst am Ortsrand, später auch im Ortskern. 1984 startete der Ortsbeirat die Sanierung des historischen Ortskerns, der 1988 unter Denkmalschutz gestellt und in den 1990er-Jahren erneuert wurde.
Nahe an Wiesbaden
Heute wird die Igstadter Gemarkung von wenigen Vollerwerbslandwirten bearbeitet. 2009 gab es 177 Gewerbebetriebe, hauptsächlich kleine Unternehmen. Die meisten Einwohnerinnen und Einwohner arbeiten in Wiesbaden und dem Rhein-Main-Gebiet.
Historisches Highlight
Der Heimat- und Geschichtsverein Igstadt bewahrt die Geschichte des Ortes durch Informationstafeln, etwa an der ehemaligen Dorfschmiede in der Bornstraße.